Meine Kreuzfahrt entlang der Küste Westafrikas

Persönliches Logbuch von Sonja Schön auf der MS Hamburg (Plantours) vom 22. Dezember 2013 bis zum 09. Januar 2014 von Praia (Kapverden) nach Walvis Bay (Namibia)

22. Dezember 2013: Hinreise München – Praia (Kapverden)

Welcome aboard!

Wie eine geöffnete Perlenkette sehen sie auf der Landkarte aus – die Kapverdischen Inseln. Dort komme ich nach insgesamt 12 Stunden endlich an – am Schnittpunkt zwischen Amerika, Europa und Afrika. Ich bin auf einer Reise zur „Wiege der Menschheit“. In kleinen Bussen geht es an würfelförmigen Häuschen vorbei. Ziel – die MS Hamburg. Wie ein großer, schneeweißer Dampfer mit gelbem Streifen liegt sie im Hafen – mein Schiff für die nächsten 19 Tage. Es ist 16.30 Uhr und noch immer 26 Grad warm. Als Journalistin und Astrologin begleite ich die Weihnachts- und Silvesterkreuzfahrt. Licht und Luft streicheln meine Haut, das Herz geht mir auf. Nicht umsonst sagt ein afrikanisches Sprichwort: „Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.“ München, Eis und Schnee sind weit weg. Hier drehe ich den Spieß um. Nachdem ich viele Jahre lang mein Augenmerk auf die perfekte Weihnachtsgans gelegt habe, konzentriere ich mich jetzt auf die Zutaten. Zutaten aus Afrika – Pfeffer, der zu Kolonialzeiten noch „Paradieskörner“ hieß. Koriander, Muskat, Safran und PiliPili sind unter anderem unsere kulinarischen Begleiter. Im wahrsten Sinne des Wortes ein dufter Jahreswechsel!

Route

Doch diese Kreuzfahrt hat auch kulturelle Essenzen. Wir fahren an der Elfenbeinküste entlang, sehen das Paradies der letzten Schimpansen, das Zaubertor von Cotonou, sind Weihnachten in Sierra Leone, besuchen Ghana, Kamerun und Angola – ein Traum. Niemals habe ich so viel geballte Exotik zum Jahreswechsel erlebt. Schließlich gibt es kaum Bücher über Westafrika. Ich fühle mich wie ein Abenteurer, wie auf einer Expedition in eine geheimnisvolle Welt.

Schiff

Genauso individuell wie unsere Reiseroute ist das Schiff – klein, aber fein. Komfortabel, aber leger. Stilvoll, aber lebendig. Deutschsprachig, aber weltoffen. Am besten gefällt mir, dass hier keine Menschenmassen sind. Mit 400 Gästen ist die Hamburg ausgebucht – und das ist gut so. Ich sitze im Palmgarten, trinke ein Bier und schaue aufs Meer.

Worauf ich mich besonders freue

Mein persönliches Highlight ist Benin – die Wiege des Voodoo, das Land der Mystik in Afrika. Wir werden in das spirituelle Zentrum Ouidah fahren. Dort empfängt uns ein Voodoo-Priester. Wir besichtigen den heiligen Wald und ein altes portugiesisches Fort. Dann weiter zum Voodoo-Tempel Adjahouto-Houta, der sowohl Verehrungsstätte für die Götter als auch eine Schule für Voodoo-Priester ist. Er steht unter dem Schutz des Königs von Allada und wird von Seiner Königlichen Hoheit, Prinz Dah Bokpe geleitet. Benin ist das einzige Land der Welt, in dem Voodoo zur Staatsreligion erklärt wurde. Auch erwartet uns eine Voodoo-Zeremonie mit rituellen Tänzen – Magie pur! Ich bin schon mega-gespannt!

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25. Dezember 2013:

Schon um 06.30 Uhr wache ich auf. Wir sind auf dem offenen Meer, es ist warm und windstill – „Ententeich“ eben. Ich gehe auf Deck 6 zum Frühstücken in den Palmgarten. Dort treffe ich auf Walker und Sportler, die Frühgymnastik am Pool machen. Das ist nichts für mich! Ich brauche erst einmal einen Kaffee und ein Lachs-Brötchen. Dann kann der Tag beginnen. Zufrieden schaue ich aufs Wasser und lasse den gestrigen Tag Revue passieren: Weihnachten 2013! Weihnachten vor der Küste Westafrikas! Auch für mich etwas ganz Besonderes. Am Vormittag habe ich in der Lounge einen Vortrag über „Die Welt der Astrologie“ gehalten, von den Ursprüngen in Babylon, Ägypten, Griechenland und Rom. Dann die Päpste der Renaissance bis hin zu Rudolf Steiner und C.G. Jung. Mindestens fünfzig Passagiere haben zugehört. Selbst Kritiker haben meinen klaren, historischen Aufbau gelobt. Nach mir dann Tanzstunde mit Ute und Uli in der Lounge, Alleinreisende herzlich willkommen. Gelernt wird Cha Cha. Andere spielen Bridge in der Weinstube. Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum funkelt an der Rezeption. Um 18 Uhr kommt ganz klassisch der Weihnachtsmann. Uli, der Tanzlehrer, mit Bart, Rute und Sack, wird von einem Engel (Jenny) und einem Teufel (Olga) begleitet. Passagiere erhalten Geschenke, am meisten bekommen die Kinder. Mein Mann Richard überrascht mich mit einem Gutschein über eine Voodoo-Maske aus Benin! Dort kommen wir noch hin. Im Gegenzug habe ich ein Hopfenkissen für ihn in petto – schließlich ist er Brauer… Die Weihnachtsgans wartet schon auf uns. Danach die große Weihnachtsshow mit Susan Schubert, Freddie Rutz (Zauberer), Randall Cooper (Tenor), Charly Brown und der Pan Band. Nachtschwärmer tanzen später noch nach flotten Rhythmen im Palmgarten während ich schon in der Koje liege.

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26. Dezember 2013: Freetown/Sierra Leone

Dankbar und nachdenklich bin ich. Ja, dankbar! Ich schwöre mir, nie wieder über Deutschland und unseren Wohlstand zu schimpfen. Jetzt bin ich mir bewusst, wie gut es uns eigentlich geht. Ja, wir jammern nicht nur auf hohem, sondern auf höchstem Niveau! Gestern steuerte die MS Hamburg den Hafen von Freetown (Sierra Leone) an. Sie war seit 2002 das erste Kreuzfahrtschiff, das Weihnachten überhaupt dort geankert hat. Denn mit Sierra Leone verbinden wir meistens die Themen Bürgerkrieg, Kindersoldaten und Blutdiamanten. Freetown, die Hauptstadt, wurde 1787 von befreiten Sklaven gegründet. Sie liegt auf einer Halbinsel, die an einen Löwen erinnert. In der ehemaligen britischen Kolonie leben 16 verschiedene Volksstämme. Es herrscht religiöse Toleranz zwischen Christen und Muslime. 94 Prozent aller Frauen sind beschnitten. Die Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 42 Jahre. Das ist auch der Grund weshalb man kaum ältere Menschen in der Stadt sieht. Der oberste Richter von Sierra Leone ist weiblich. Mit dem Bus fahren wir durch Freetown, das nur so vor bunt gekleideten Menschen wimmelt. Natürlich ist auch hier ein Feiertag und alle haben sich schön gemacht. Männer, Frauen und Kinder balancieren Körbe und Kisten auf ihren Köpfen. Jeder handelt mit jedem. Sie winken uns zu und lachen uns an. „Merry Christmas“ rufen einige uns zu. Obwohl wir hinter einer Glasscheibe sitzen, fühlen wir uns willkommen und innerlich berührt. Auf unserer Route sehen wir nicht nur schmucke Regierungsgebäude, sondern auch Wellblechhütten und Wasserkanäle voller Müll, in denen Schweine nach Essensreste suchen und Menschen ihre Wäsche waschen. Für unsere europäischen Augen ist das dritte Welt. Doch die Menschen, die hier leben müssen, machen keinen unglücklichen Eindruck – im Gegenteil! Wir fahren zum Nationalmuseum. Dort steht der berühmte alte „Cotton Tree“, ein Kapokbaum voller „fliegender Hunde“. Er symbolisiert das Zentrum der Stadt und ist auf dem Schein der 10.000-Leone-Banknote abgebildet. Das Museum erzählt unter anderem von einem Mann aus dem 19. Jahrhundert, der gegen die Besteuerung der englischen Besatzung gekämpft hat. In einer Vitrine liegen seine persönlichen Sachen, darunter auch seine „magic bag“ mit geheimnisvollen Utensilien, anhand derer er sich unsichtbar machen und so vor den Engländern verstecken konnte… Einige der Passagiere schmunzeln. Ja, in Westafrika ist das ganz „normal“. Keiner wundert sich darüber. Weiter geht es zum Schimpansenschutzgebiet „Tacugama“, das etwa eine Stunde vom Pier entfernt liegt. „Chimpanzee Sanctuary“ ist ein echtes Rehabilitationszentrum für Schimpansen. Hier finden Tiere ein neues Zuhause, die aus der Gefangenschaft befreit oder durch Wilderei zu Waisen wurden. „Schimpansen gehören zu den bedrohten Arten“, betont Willi, Tierpfleger und Guide in Tacugama. Die Gründe dafür sind die Abholzung des Regenwaldes, die Haltung der Tiere in Käfigen aus privatem Vergnügen oder für medizinische Versuche. Last but not least die Krankheiten der Menschen, die das Immunsystem der Schimpansen durch Ansteckung zerstört haben. 93 Schimpansen, die eigentlich nur in West-, Ost- und Zentralafrika vorkommen, leben zurzeit in Tacugama, vier davon sind noch Babys. „Wenn sie bei uns ankommen, müssen sie zuerst in eine dreimonatige Quarantäne“, erzählt Willi. „Viele sind nikotinabhängig und haben Durchfall. Ihre Vorbesitzer haben sich einen Spaß daraus gemacht, ihnen das Rauchen anzugewöhnen.“ Schimpansen sind eigentlich Vegetarier. Nur in Freiheit jagen sie manchmal andere Tiere um ihren Fleischbedarf zu decken. Sie werden bis zu 50 Jahre alt. Babys und Kinder bleiben bis zum ihrem 10. Lebensjahr bei der Mutter. Leben tun sie in Gemeinschaft. Das dominante Männchen hat das Sagen und die Kontrolle über alle Weibchen. Andere Männchen können sich mit ihnen nur paaren wenn der „Chef“ nicht aufpasst oder abwesend ist. Einige Passagiere schauen vielsagend. „Von allen Tiere ist der Schimpanse dem Menschen am ähnlichsten“, so Willi. Wer in Sierra Leone einen Schimpansen hält, wird zu einer Strafe von 1000 Dollar und sechs Monate Gefängnis verdonnert.

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28. Dezember 2013: Abidjan/Elfenbeinküste

Akwaba! Willkommen! Wie schon der Name sagt, war Elfenbein lange Zeit eines der wichtigsten Exportgüter der Elfenbeinküste. Dieser Handel ist allerdings schon lange eingestellt. Heute können die Elefanten in insgesamt acht verschiedenen Nationalparks beobachtet werden, darunter auch im „Banco Nationalpark“. Er ist ungefähr 3.000 Hektar groß und eine halbe Stunde Fahrzeit vom Pier entfernt. Doch wir begeben uns jetzt erst einmal zum Museum der Zivilisation in Abidjan (4,3 Mio. Einwohner). Die Stadt wurde 1886 gegründet und ist das wirtschaftliche und politische Zentrum des Landes. Es grenzt an Liberia, Guinea, Mali, Burkina Faso und an Ghana. Im Süden befindet sich der Atlantische Ozean. 1960 hat die Elfenbeinküste die Unabhängigkeit von Frankreich erlangt. Heute garantieren Kakao und Kaffee den relativen Wohlstand des Landes. Im Museum, das alte Masken und die Töpferei-Kultur zeigt, befindet sich noch das original Badezimmer des französischen Gouverneurs aus dem Jahre 1893. Eine überlebensgroße Fruchtbarkeitsstatue, die eine Frau mit einem Säugling zeigt, erregt unsere Aufmerksamkeit. „Die Statue dient als Vorlage für kleine Holzkopien“, erzählt unser Guide Dongo. „Man legt sie kinderlosen Frauen ins Bett und sorgt damit auf magische Weise für Nachwuchs…“ Auf dem Land herrscht Polygamie. „Ein Mann hat mindestens drei Frauen, wobei die älteste am wenigsten zu essen bekommt…“, betont Dongo. Allgemeine Schulpflicht herrsche ab dem fünften Lebensjahr. Weiter geht es nach Grand Bassam, wo der berühmte Musiker Alpha Blondy wohnt. Er hat eine Statue der Jungfrau Maria mitten in der dortigen Lagune platziert. Weitere Highlights: Das Denkmal des Gelbfiebers, die Brücke der Freiheit und die „Rue de Commerce“. Dort stehen die größten Handelsgeschäfte Afrikas für afrikanische Stoffe, die sogenannten „Magasin Woodin“. Ich kaufe verschiedene Ballen mit afrikanischen Motiven für meinen Fetisch-Altar in München.

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29. Dezember 2013: Takoradi/Ghana

Von Takoradi fahren wir in einer guten Stunde in eine andere Welt, nämlich in ein traditionelles Fischerdorf direkt am Meer. Die Straßen dorthin sind gut befestigt und man sieht viel weniger Abfälle am Straßenrand als in den vorherigen Ländern. Ghana ist fast so groß wie Großbritannien, mit dessen Geschichte es durch die Kolonialzeit eng verbunden ist. Von Bedeutung ist Ghana auch aufgrund seines Rohstoffreichtums. Vor allem wegen des Goldes, das der ehemaligen Kolonie den Namen „Goldküste“ eintrug. Im Dorf angekommen, werden wir von dem Zeremonienmeister empfangen. Er hat geweihtes Wasser vorbereitet, das er in drei Richtungen ausschüttet, um den Göttern für unsere sichere Ankunft zu danken. „Auch wir kennen die Trinität“, erklärt unser Guide Kofi. Dann werden wir von dem Häuptling willkommen geheißen und dürfen ihn sogar fotografieren. Wer Lust hat, beobachtet Frauen beim Räuchern der Fische und bei der Herstellung von Gari, eine Art Brei, der aus der Wurzel des Manioks gewonnen wird. Der nächste Stopp ist das Cape Coast Castle, das 1652 von den Schweden erbaut und später von den Briten geführt wurde. Ein Besuch geht hier wahrlich unter die Haut. Denn dort wurden die Sklaven zusammengetrieben bis sie auf die Schiffe Richtung Amerika kamen. Es ist ein Ort der Grausamkeit und des Leidens und das spürt man überall. Wir sehen die kleinen, dunklen Zellen, in denen durchschnittlich 150 Männer und Frauen getrennt von einander und an Armen und Beinen gefesselt lebten. Über sechs Wochen lang warteten sie in diesem Gefängnis auf ihre Überfahrt. Nur ganz wenig Licht und Luft dringen durch die winzigen Spalten in den Kerkern. Wir stoßen auf einen Altar, an dem ein afrikanischer Priester sitzt. Gegen Geld segnet er unsere Hände mit Wasser. „Dort haben sie um den Beistand ihrer Götter gebetet“, erklärt Kofi. Doch vergebens. Wer nicht schon in Cape Coast Castle starb, der wurde durch die „Gate of no Return“ getrieben. Wir durchschreiten es und stoßen auf bunt bemalte Boote, die in der Sonne schaukeln. Jungen und Mädchen lachen uns an. Sie spielen am Meer und stehen mit ihrer fröhlichen Art in einem enormen Kontrast zu der Geschichte des Ortes. Die Gegensätze berühren einander! Bis 1877 diente das Fort als Sitz der Kolonialverwaltung der Goldküste.

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01. Januar 2014: Limbe/Kamerun

Aufgrund der vielen Plantagen ist Grün die dominierende Farbe von Kamerun. Zur deutschen Kolonialzeit vor dem 2. Weltkrieg als kleine private Besitze gegründet, haben sich viele von ihnen heute zu großen Unternehmen entwickelt. Über 60 Prozent der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Straße schlängelt sich von Limbe entlang kleiner Dörfer der Mbos (ethnischer Volksstamm Kameruns) nach Penja. Angebaut und produziert werden hier Ananas, Bananen, Kautschuk, Kaffee und Pfeffer. Der berühmte Ausspruch „geh dorthin, wo der Pfeffer wächst“, erklärt sich hier von selbst! In einer örtlichen Mühle können wir sehen, wie Palmenöl hergestellt wird. Auf einer Farm in Penja werden wir mit traditionellen Tänzen zum Mittagessen empfangen. Es gibt Fisch- und Fleischspieße, dazu Gemüse, Reis und Bohnen. Ein Bier aus der Flasche rundet den kulinarischen Genuss ab. Zurück geht es nach Limbe, das unter deutscher Herrschaft schon über eine Postagentur, ein Zollamt, Missionen beider Konfessionen, ein Krankenhaus und ein Lepraheim verfügte. Der 1891 gegründete Botanische Garten mit Versuchsanstalt für Landeskultur diente der Erprobung verschiedenster Nutzpflanzen unter den örtlichen Klimabedingungen. Ein Modell dieser Anlage wird heute im Botanischen Museum in Berlin gezeigt. Limbe liegt in einer schönen Bucht mit einer großen Bergkette. Bei Touristen ist diese Stadt wegen der schwarzen Sandstrände sehr beliebt.

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02. Januar 2014: Sao Tomé/Principe

Rund ein halbes Dutzend Kreuzfahrtschiffe warfen 2013 vor Sao Tomé und Principe ihre Anker. Die MS Hamburg ist jedoch in diesem Jahr die Nummer eins. Land und Leute sind hier eng mit der kolonialen Vergangenheit Portugals verbunden. Über Sao Tomé verteilt finden sich zahlreiche Plantagen, auf denen noch heute Kaffee, Kakao und Bananen angebaut werden wie zum Beispiel auf „Roca de Agua Izé“. Die aus der Barockzeit stammenden Gebäude und Lagerhäuser sind erhalten und können besichtigt werden. Geerntet wird hauptsächlich im Monat Mai wenn die achtmonatige Regenzeit vorbei ist. Weiter geht die Fahrt an kleinen Fischerdörfern entlang bis wir das so genannte „Boca Inferno“ erreichen – den „Höllenmund“. Schon immer kamen Menschen an diesen Ort, dem sie magische Kräfte zusagten. „Sie glaubten, dass der Eigentümer der nahe gelegenen Plantage Roca St. Joao okkultes Wissen besaß“, erzählt unser Guide Quintino. „Er soll dort verschwunden und in Portugal wieder aufgetaucht sein.“ Beim „Höllenmund“ handelt es sich um ein Naturphänomen. Hier drückt die starke Brandung das Wasser in einen schmalen Kanal und danach in das Loch eines Korallenfelsens, wodurch mit gewaltiger Kraft alle paar Sekunden meterhohe Fontainen wie Geysire emporschießen. Sao Tome wurde nach dem Heiligen Thomas benannt, dessen Namenstag auf den 21. Dezember fällt. Das ist der Tag, an dem die Insel 1471 von den Portugiesen entdeckt wurde. Heute leben dort 180.000 Einwohner, die meisten davon von der Landwirtschaft. Bis zum 1. Weltkrieg war Sao Tomé der größte Kakao-Produzent der Welt. Geerntet wird nach der Regenzeit, also im Monat Mai. 99 Prozent der Insulaner sind offiziell Christen. Doch ist auch die Naturreligion Voodoo (portugiesisch: santo) auf der Insel weit verbreitet. „Überall wo Afrikaner sind, findet man Spuren von Voodoo“, betont Quintino. „Sie treffen sich nachts an verschwiegenen Orten, tanzen um ein Feuer und fügen sich in Trance heftige Verletzungen zu, die morgens wieder verschwunden sind.“ Dank taiwanesischer Unterstützung sind die Straßen bestens ausgebaut. „Dafür gibt Sao Tomé dem Land Taiwan in der UNO seine Stimme“, verrät unser Guide. Mit 28 endemischen Vogelarten ist die Insel ein Paradies für Ornithologen (im Vergleich Galapagos-Inseln: 22). Der Grund dafür ist ihr hohes Alter. Man schätzt sie auf über 10 Millionen Jahre. Wir machen einen Stopp an der „Praia das Sete Ondas“ (Strand der sieben Wellen). Palmen, Sand und Meer erinnern an die Karibik und lassen Baccardi-Feeling aufkommen. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass Sao Tomé und die Nachbarinsel Principe ein Umschlagplatz für den Sklavenhandel zwischen Afrika, Portugal und Brasilien waren. Von der Inquisition ausgewiesene portugiesische Juden fanden hier ihre neue Heimat. Buchtipp: Miguel Sousa Tavares: Am Äquator, Roman, Goldmann Verlag.

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05. Januar 2014: Lobito/Angola

Örtliche Busse bringen uns vom Hafen zum Bahnhof von Lobito, von wo aus die Fahrt mit einem modernen Zug nach Benguela weiter geht. Einst Ausgangspunkt portugiesischer Eroberungszüge wurde Benguela 1617 gegründet. Heute gilt die Stadt als politischer und wirtschaftlicher Knotenpunkt aller Aktivitäten, die mit der demokratischen Republik Kongo und Simbabwe verbunden sind. Highlight sind vor allem die katholischen Kirchen Igreja Catedral de Nossa Senhora de Fatima und die Kirche Igreja do Populo. Letztere stammt noch aus der portugiesischen Kolonialzeit und war das erste aus Stein gebaute Gebäude in Südangola. Hier wurden einst Sklaven getauft bevor man sie verschiffte. Benguela ist bekannt für seine blühenden Gärten und Parkanlagen. Auf dem Rückweg nach Lobito besichtigen wir eine alte Festung in Calumbela, von der wir einen schönen Blick über die Stadt haben. Gustav Eiffel hat hier 1905 eine Stahlbrücke gebaut, die den Fluss überspannt. Zurück in Lobito sehen wir das Schiff „Zaire“, mit dem es dem Präsidenten während des Bürgerkrieges gelang, in den Kongo zu flüchten. Die „Zaire“ gilt noch heute als Symbol des Friedens, der Freiheit und des Fortschritts. Lobito ist die größte Hafenstadt Angolas. Auf Befehl von Königin Maria II. von Portugal wurde hier 1843 eine Siedlung gegründet. 1903 begannen die Arbeiten an der Hafenbefestigung, eine Eisenbahntrasse verband die Stadt mit dem damals belgischen Kongo. Der Name Angola leitet sich von dem Titel „Ngola“ der Könige von Ndongo, einem östlich von Luanda gelegenen Vasallenstaat des historischen Kongoreiches ab. Die Region um Luanda erhielt diesen Namen im 16. Jahrhundert durch die ersten portugiesischen Seefahrer, die an der dortigen Küste anlandeten und ein steinernes Kreuz errichteten. Angola ist unser letzter Stopp. Danach folgen noch zwei Seetage bis wir in Walvis Bay in Namibia sind. Diese Fahrt war für mich etwas ganz Besonderes, weil ich zum ersten Mal in Westafrika war. Ich war überrascht von der Vielfalt der Kulturen, aber auch erschüttert über die brutale Geschichte und die heutige Armut. Innerlich berührt hat mich vor allem die Offenheit und Liebenswürdigkeit, mit der uns die Menschen empfangen haben. „Jede Reise“, so John Steinbeck (1902-1968), „ist wie ein eigenständiges Wesen; keine gleicht der anderen.“

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